Bauernregeln haftet oft etwas Tollpatschiges an. Völlig zu Unrecht, wie ich finde. Die Idee einer Bauernregel ist es, ein besonderes Ereignis in einer knappen Form in Erinnerung zu behalten. Die echten Bauernregeln stammen aus einer Zeit, in der kein Smartphone an Termine erinnert hat und möglicherweise viele der Bauern nur eine magere Schulbildung erhalten hatten.
Zudem sind die entscheidenden Inhalte einer Bauernregel durch die Natur vorgegeben. Wenn es um die Blüte der Obstbäume geht, kann der Reim nicht auf …kohl enden. Die Worte müssen so lange sortiert werden, bis sie den passenden Sachverhalt wiedergeben und sich trotzdem leicht merken lassen. Bei diesen Randbedingungen ist es erstaunlich, welch literarische Leistung in diesen einfachen Sprüchen steckt.
Und schließlich haben es die Bauern viele Jahre vor der Erfindung des Wortes Phänologie geschafft, das lokale Wetter in eine Beziehung zur Entwicklung ihrer wichtigen Pflanzen zu bringen. Seit mir diese Dinge klar sind, habe ich echte Hochachtung vor Bauernregeln. Wenn also eine Bauernregel so ein besonderer und sinnvoller Spruch ist, warum nicht einmal eine Bauernregel für den eigenen Garten erfinden?
Meine wichtigste Frucht ist die Tomate. Vieles andere baue ich auch an, aber bei keiner Pflanze gebe ich mir solch eine Mühe, wie bei den Tomaten. Und die Tomaten dürfen erst nach den Eisheiligen nach draußen. Weiß ja jedes Kind.
Ach ja, ist das wirklich so? Ich sitze zwei Stunden nach Sonnenuntergang am Kamin. In meinem Garten ist es gerade 4 Grad warm. Heute Nacht wird es Frost geben. In Freiburg sind es jetzt noch 10 Grad. Mehr als die heutige Höchsttemperatur. Von Nachtfrost ist dort keine Rede und die Eisheiligen feiert man wohl eher mit einer Grillparty. Wenn ich also wissen will, wann in meinem eigenen Garten die Tomaten ins Freie dürfen, muss ich das Wetter besser kennen als die Eisheiligen.
Wenn ich aber Tomaten pflanzen will, muss ich sie vorher ja erst einmal aussäen. Und da helfen mir keine Eisheiligen und keine Wetter-App. Wann also säe ich Tomaten, damit die Pflanzen genau dann kräftig genug für den Garten sind, wenn das Wetter in meinem Garten warm genug ist? Tja, wie wär’s mit einer passenden Bauernregel?
Ich habe in den letzten Jahren die Tomaten schon Ende April gepflanzt. Um Ende April pflanzen zu können, muss ich Anfang März aussäen. Anfang März ist im Garten noch vieles in einem winterlichen Graubraun. Vieles, aber nicht alles. Die ersten Duftveilchen sind da. Und auch der Lerchensporn beginnt zu blühen.
Blüht der erste Lerchensporn
In die Erde kommt‘s Tomatenkorn
Wer keinen Lerchensporn hat, erfindet sich einen anderen Spruch. Und wer jetzt noch Schnee hat, wartet vielleicht besser mit der Aussaat. So klapprig der Reim auch ist, er ist verlässlicher als jeder feste Kalendertag.


Gute Idee! Wie lautet meine Bauernregel?
„Blüht die erste Forsythie, sagt die Rose zum Anhäufeln Ade“.
;)
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Ich muss überhaupt erst einmal mit dem Anhäufeln anfangen…
Rosen sind bisher nicht so mein Spezialgebiet. Der Garten hatte Rosen als wir einzogen und sie haben lange mit sehr minimaler Pflege durchgehalten. Nun habe ich die Hälfte durch neue Pflanzen ersetzt und nehme mir sehr ernsthaft vor, mich nun besser zu kümmern als bisher.
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Ich habe auch nur eine schwache Rose angehäufelt…
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