Durch einen spontanen Osterurlaub habe ich den Kräutergarten in Cluny im Burgund kennengelernt. Ich wusste gar nicht, dass es diesen Kräutergarten gibt und wir sind quasi beim Stadtbummel darüber gestolpert.
Die einzelnen Beete sind mit geflochtenen Haselruten eingefasst. Der ganze Garten ist an drei Seiten von alten Mauern umgeben. Durch diese doppelte Einfassung habe ich gleich das Gefühl im Mittelalter zu sein: Alte Mauern und überraschend abgeschieden von der modernen Stadt, obwohl diese gerade einmal 100 Meter entfernt ist. Anstatt das „typische“ Muster eines formalen Klostergartens zu erzwingen nutzen die verschiedenen Beete den Raum zwischen den Mauern.
Nach ein paar Schritten stehe ich mit einem großen Fragezeichen im Kopf vor einem Schild „Leonurus cardiaca / Agripaume“. Bisher konnte ich mich oft damit retten, dass ich halt weiß, wie eine bestimmte Pflanze aussieht. Den mir unbekannten lateinischen Namen wie Plantago Lanceolata (Spitzwegerich) nehme ich dann eher als Bonus wahr. Aber nun bin ich in einem fremdsprachigen Kräutergarten und kann die Schilder in keiner der beiden Sprachen lesen, und auch die Pflanzen erkenne ich zu dieser Jahreszeit nicht alle an ihren ersten wenigen Blättern. Vielleicht ist ja das kleine Blättchen rechts neben dem Schild schon Leonurus cardiaca oder ist es das, was für mich wie Boretsch aussieht? Es lohnt sich also mehr lateinische Pflanzennamen zu kennen. Dann könnte ich vielleicht bereits jetzt im März lernen wie das Echte Herzgespann aussieht.
Ein paar Beete weiter hat sich das, was möglicherweise die Mariendistel ist, so sehr ausgebreitet, dass es gleich an mindestens 4 verschiedenen Schildern wächst. Es ist tröstlich zu erleben, dass selbst in einem gut gepflegten Schau-Garten wie diesem, ein Teil der Pflanzen zum Wuchern neigt und einige nach dem Winter nicht wieder kommen. Sobald es richtig Frühling ist, wird es nötig sein, ein paar der Schilder neu zu setzen und einiges an Pflanzen kräftig einzudämmen.
Was mir besonders in Erinnerung bleibt, ist die Bezeichnung „jardin de simples“. Zurück zu Hause fange ich an im Internet nach dem Begriff „jardin de simples“ zu suchen. Fast alle Hinweise zu jardin de simple, die ich finden konnte sind auf Französisch, so dass ich sie meist nur bruchstückhaft verstehe. Gleichzeitig ist für Franzosen dieser Begriff offenbar so selbstverständlich, dass es keiner Erläuterung bedarf, weshalb Heilkräuter als „simples“ bezeichnet werden. Laut Wikipedia.fr werden „jardin de simples“ und „jardin de plantes médicinales“ synonym verwendet. Auf einem privaten Blog finde ich schließlich die Erläuterung, dass der Begriff aus bereits aus der Antike stammt. In der Medizin der damaligen Zeit wurden sehr komplizierte Arzneitränke verwendet. Im Gegensatz dazu waren die Kräuter „einfach“ und dieser Begriff hat sich bis heute erhalten.