Lange habe ich mich über die hübschen Efeuranken entlang der kleinen Natursteinmauer gefreut. Zu lange! Als ich die verblühten Stockrosen abgeschnitten habe, wurde schlagartig deutlich, dass der Efeu nicht nur entlang der Mauer wächst, sondern auch durch sie hindurch und ganz nebenbei auch den Putz des angrenzenden Wohnhauses unterwandert hat. Wenn ich noch etwas warte – so lange wird das wahrscheinlich gar nicht dauern – kann ich den Efeu im Wohnzimmer als Zimmerpflanze begrüßen, die ich niemals gießen muss, weil sie ihre Wurzeln im Garten hat. Das wäre echt ein innovatives Konzept für Zimmerpflanzen.
Aber nun ist Schluss mit Romantik! Bis der Efeu aus der Hausmauer vertrieben ist, muss ich eine richtig große Fläche Putz abschlagen. Zum Glück ist es ja noch frostfrei und ich kann neuen Putz auftragen. Doch heute gilt es zuerst weiteren Efeu zu vertreiben. Entlang der Natursteinmauer reiße ich sämtliche Ranken ab und versuche dabei auch möglichst den Haupttrieb samt Wurzel zu erwischen. Gerade an dieser Natursteinmauer, fand ich den Anblick der vor sich hin rankenden Efeupflanzen immer pittoresk, er hat mich an alte Märchenschlösser erinnert. Irgendetwas so in der Art. Ich weiß nicht, wie die Märchenschlösser das machen, aber meine Natursteinmauer wäre bald vom Efeu nicht nur überwuchert, sondern komplett zerstört.
Efeu ist nicht nur als Gartenpflanze ambivalent, er zeigt diese Eigenschaft auch als Heilpflanze: Einerseits ist er in fast allen Teilen giftig (Blätter, Blüten, Früchte) und gleichzeitig sind seine Inhaltsstoffe heilsam bei Husten und Bronchitis. Auch hier lässt sich wieder der von Paracelsus beschriebene Zusammenhang beobachten: Die Dosis macht das Gift. Die gleiche Substanz, die das Abhusten der Bronchien erleichtert (alpha-Hederin) führt auch zu Durchfall, Erbrechen und Kopfschmerzen. Ein weiterer Inhaltsstoff, das Falcarinol, kann heftige Hautausschläge verursachen. Dafür reicht es aus, den Efeu mit bloßen Händen zu berühren. Mir ist die Heilkraft des Efeu durchaus bewusst und ich schätze sie auch und doch ist der Efeu eine Pflanze, von der ich wortwörtlich die Finger lasse. Ganz ähnlich wie beim Fingerhut. Arbeiten mit Efeu mache ich immer nur mit Handschuhen und Arznei soll der Apotheker herstellen.