Nach langem Zögern habe ich heute einen Apfelbaum gefällt. Der Baum war gar nicht einmal alt oder sturmzerzaust und bei all den Gedichten, Lieder und Beschwörungen von Luther bis Reinhard Mey, die es zu Apfelbäumen gibt, erscheint es mir besonders frevelhaft gerade einen Apfelbaum zu fällen.
Aber was machen, mit einem Baum, der von Jahr zu Jahr weiter in die Höhe stürmt, ganz egal, welchen Rat zum Obstbaumschnitt ich auch umsetze? Einem Baum, dessen Früchte sich nicht lagern lassen und die alle gleichzeitig reif werden, um dann sofort zu Boden fallen und dabei Druckstellen bekommen? Nach zwei Jahren mit „wir könnten Apfelkuchen auf Vorrat backen“ und „lass uns im nächsten Jahr Apfelmus daraus machen“, fiel mir einfach kein Grund mehr ein, weshalb ich an dem Baum festhalte, der im Weg steht und dessen Äpfel wir nicht essen.
Was in der Theorie – mit zwei Jahren Anlauf – verständlich ist, ist in der praktischen Umsetzung echt eine Herausforderung für mich. Wir heizen viel mit Holz, daher säge und hacke ich regelmäßig Kaminholz, aber als ich nun dem Apfelbaum Ast um Ast absäge, habe ich doch einen Kloß im Hals. In einer teenager-haften Geste schneide ich wenigstens zwei Baumscheiben als Untersetzer für Teekannen oder Spaghetti-Töpfe. Ein kleiner Trost. Doch für wen eigentlich? Für den Baum oder doch eher für mich selbst?
So schön es auch ist ein gebrauchtes Haus mit einem eingewachsenen Garten zu kaufen, ich weiß weder welche Sorte Apfelbaum ich nun gefällt habe, noch was die Vorbesitzer sich mit diesem Baum genau gedacht hatten oder wie sie der Apfelschwemme Herr geworden sind. Ich hoffe sehr, dass die beiden verbliebenen Apfelbäumen (Cox Orange und Boskoop) nun nicht gerade den fehlenden Baum als Bestäuber brauchen und die Vorbesitzer diesen Baum vielleicht nur als passende Ergänzung zu der Apfelsorte, die sie wirklich ernten wollten gesetzt haben.