Im letzten Jahr um diese Zeit habe ich ein brachliegendes Gemüsebeet umgegraben. Dort hat der Rhabarber endlich eine dauerhafte Heimat gefunden, nachdem er in den Jahren zuvor eine unfreiwillige Wanderschaft durch so ziemlich alle Ecken des Gartens gemacht hat. Der Rhabarber hat sich gut eingelebt und ich freue mich auf eine reiche Ernte. Zugunsten des Rhabarbers mussten jedoch allerlei andere Pflanzen aus diesem Beet ausziehen und lernen an einem anderen Ort zu leben. Ein bisschen wie die Eigenbedarfskündigung einer Mietwohnung. Einige sind ein Beet weitergezogen und hausen nun zwischen den Aronia-Büschen. Noch wissen sie nicht, dass auch dies nur eine vorübergehende Heimat sein wird.
Sobald ich ein Gemüsebeet unbewacht lasse, stellt sich eine muntere Schar an Neusiedlern ein, die ungefragt ihre Wurzeln in der frischen Erde versenken. Löwenzahn, Pyrenäen-Storchschnabel, Giersch, Vogelmiere sind immer mit dabei. Selbst Pimpinelle und Schafgarbe reihen sich hier in die Gruppe der Wucherpflanzen ein. Ein paar weitere haben sich noch nicht mit Namen vorgestellt. Diese ganze Wucherbande muss also jetzt lernen auf anderen Flächen zu siedeln. Besonders der Giersch ist allerdings bekannt dafür, dass er nur sehr ungern bereit ist die Dinge zu lernen, die ich ihm gerne beibringen möchte.
Umgraben ist körperlich anstrengend, aber der Geist hat quasi frei und kann sich mit anderen Dingen beschäftigen. Ich kann Beet für Beet umgraben und gleichzeitig über die Lernfähigkeit des Gierschs nachdenken. Wie ist das eigentlich mit dem Lernen, beim Giersch und im Allgemeinen? Ist nur derjenige „lernfähig“, der bereit ist Dinge zu lernen, die er eigentlich gar nicht lernen will? Und derjenige, der alles lernt, was ihm irgendein Fremder vorgesetzt wird, dann der Klassenbeste? Wenn ich das so betrachte, hat der Giersch gar keinen Grund irgendetwas zu lernen: Er ist bereits an einem Platz, an dem er sich wohl fühlt. Weshalb sollte er lernen, an einem anderen Platz zu leben? Das, was er wissen muss, hat er längst gelernt und wendet es sogar erfolgreich an: Neue Gebiete erobern und sich konsequent an einem Beet festkrallen. Genau für das, was er gut kann wird er nun als „nicht lernfähig“ bestraft.
Vielleicht kann ich noch von meinen Unkräutern lernen. Ich werde beginnen, das mehr zu schätzen, was ich bereits kann und anwende. Außerdem gibt es bestimmt einige in Vergessenheit geratene Fähigkeiten, die sich wieder auffrischen lassen. Aber vor Allem gilt es das zu enttarnen, was mir andere als lernenswert vorsetzen, mit dem ich aber gar nichts anfangen kann.
Versuchs doch einmal mit einem köstlichen Giersch-Chicorée-Salat mit Tomaten!
2 Handvoll Giersch
1 Staude(n) Chicorée, klein
1 große Tomate(n)
etwas Petersilie
Für das Dressing:
2 EL Apfelessig
1 EL Walnussöl
1 EL Wasser
Salz und Pfeffer
Zucker
LGLo
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Das Rezept kommt gerade recht! Ich habe an einer Stelle den Giersch wuchern lassen, damit ich genug habe um mit verschiedenen Rezepten zu experimentieren. Außer Salat will ich es auch mit Suppe und Gemüse probieren. Viele Grüße, Uhle
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