Gartenkunst bei der documenta 14

Ich kenne durchaus Gartenkunst, ich selbst habe ja auch welche im Garten. Gartenkunst, das war für mich bisher irgendetwas künstlerisches, das im Garten herumsteht. Ich halte das bewusst so allgemein, weil in diesem Punkt jeder für sich entscheiden muss, was genau er als künstlerisches Element im Garten haben möchte. Wetterfest muss es auf jeden Fall sein und wenn möglich sogar frosthart. Ansonsten muss es halt im Winter einen anderen Platz bekommen.

Am Wochenende war ich nun bei der documenta 14 in Kassel. Und habe dort entdeckt, dass der Begriff Gartenkunst auch anders gemeint sein kann. Lois Weinberger hat Kunst aus einem Garten geschaffen. Das Material, das er für seine Kunst verwendet ist also nicht Metall oder Ton, sondern Garten. Oder ist es Erde und nicht Garten? Wann ist etwas Erde und wann Garten? Jetzt, wenn ich darüber schreibe, merke ich wie viele Gedanken in diesem Kunstwerk stecken, die ich alle nicht hatte, als ich es mir angesehen habe. Doch was ist nun das Kunstwerk des Lois Weinberger?

Lois Weinberger hat für sein Kunstwerk „Ruderal Society – excavating a garden“ auf einer Fläche von 100 mal 1,3 Metern die Erde um 22 Zentimeter abgetragen. Diese Fläche bleibt nun sich selbst überlassen und in einem Prozess der Selbstorganisation werden sich neue Pflanzen ansiedeln. Für „ruderal“ gibt es leider kein deutsches Wort, bzw. es ist ein deutsches Wort und lässt sich höchstens umschreiben, aber nicht übersetzen. Die Herkunft des Wortes ist das lateinische „rudus“, zu deutsch Schutt. So lässt sich Ruderal Society vielleicht mit „Gesellschaft der Pflanzen die auf Schutthalden wachsen“ übersetzen. Excavating a garden ist überraschend vieldeutig, da excavating sowohl für ausschachten oder ausgraben als auch für freilegen stehen kann. Es geht also wahlweise darum eine Fläche auszuschachten, die ein Garten werden soll oder darum einen Garten, der unter der Grasoberfläche schon vorhanden ist, freizulegen.
Bisher, nach der Hälfte der documenta, finden sich ein paar vertrocknete Blätter, die der Wind angeweht hat und nur sehr wenige neue Pflanzen. Die Blüten, die ich entlang des Grabens dann doch finde, stammen wohl aus der Saatgutmischung, die das Umwelt- und Gartenamt Kassel verschenkt, und vielleicht von einem wohlmeinenden Besucher verstreut wurde. Einzig die Schafgarbe macht sich tatsächlich die Abwesenheit von Rasenmäher und Grasnarbe zu Nutze. Das kenne ich aus dem eigenen Garten, wo sich hohe und große Polster von Schafgarbe bilden, wenn ich nicht regelmäßig den Rasen mähe.

Ich behaupte nicht, das alles zu verstehen. Es sind eher Versuche, das Gesehene einzuordnen. Ich weiß auch nicht, ob das Kunst ist. Ich persönlich sage, dass es eine interessante Idee ist, über die nachzudenken sich mehr lohnt als ich anfangs dachte. Aber nicht jede interessante Idee ist auch gleich Kunst.

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