Für mich ist Virginia Woolf immer ein Stück weit Mrs. Dalloway. Vielleicht liegt das daran, dass „Mrs. Dalloway“ das einzige Buch von ihr ist, das ich zumindest als Film verstanden habe.
Eine große Hilfe für das Verständnis der Zusammenhänge war für mich dann zusätzlich der Film „The Hours“ nach dem Buch von Michael Cunningham, der das Leben von Virginia Woolf in Beziehung zu ihrem Schreiben setzt und dafür gerade Mrs. Dalloway wählt. Der Film zeigt, wie Virginia Woolf in ihrem Haus lebt. In dem Haus, das nun im Bildband „Der Garten der Virginia Woolf“ vorgestellt wird.
Auf diese Weise sind die drei Dinge für mich ein gemeinsames Thema: Das Buch „Mrs. Dalloway“, der Film „The Hours“, der mir Werk und Leben von Virginia Woolf zugänglicher gemacht hat und der Garten mit und in dem sie gelebt hat, als einige ihrer Bücher entstanden sind.
Mrs. Dalloway
Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen. Denn Lucy hatte genug zu bestellen. Die Türen würden aus den Angeln gehängt werden; Rumpelmayers Leute kämen. Und dann, dachte Clarissa Dalloway, was für ein Morgen – frisch, wie geschaffen für Kinder am Strand.
Die ersten Zeilen des Buches sind für mich immer wieder erfüllt von der Kraft und Klarheit eines neuen Morgens. Ich stelle mir vor, wie die Sonne durch die Fenster leuchtet. Vor der Tür rumpelt eine Straßenbahn. Ein kraftvoller Neuanfang. Es ist mir als Leser zwar noch nicht klar, was da gerade anfängt, aber es wirkt, als sei lange auf diesen Anfang gewartet und gezögert worden und jetzt, jetzt geht es endlich los.
So sehr mir der Anfang auch gefällt, bereits ab der dritten, vierten Seite beginnt das Buch seltsam verquer zu werden, so dass ich nicht mehr recht verstehe, worum es eigentlich geht. Der Film hilft mir nun dabei die eigentliche Handlung zu verstehen. Auf dieser Basis machen dann auch die Abschweifungen und Tagträumereien Spaß.
The Hours
Der Film überträgt die Geschichte von „Mrs Dalloway“ in den Zeitraum des Endes der 90er Jahre und verflicht einen weitere Erzählstrang aus den 50ern und das tatsächliche Leben von Virginia Woolf geschickt damit. Was in der Beschreibung sehr kompliziert klingt, ist als Film gut verständlich. Einige Verweise auf die Handlung von „Mrs. Dalloway“ werden natürlich erst dann richtig deutlich, wenn man diese Geschichte auch kennt. Dennoch kann der Film auch für sich alleine stehen.
Gleichzeitig enthält der Film auch eigene Gedanken. Clarissa wird am Ende des Filmes nicht mehr Mrs. Dalloway genannt. Seit sie in ihrer Jugend zum ersten Mal – damals scherzhaft – Mrs. Dalloway genannt wurde, trägt sie die im Laufe der Jahre immer schwerer gewordene Last dieses Namens und all der damit verknüpften Erinnerungen mit sich herum. Ihr Geist, ihre Seele haben sich verändert und weiterentwickelt. Sie ist nicht mehr die Mrs. Dalloway ihrer Jugend. Nun war es Zeit sich davon zu verabschieden. Sie kann nun wieder selbst gestalten, wer sie ist, anstatt auf Mrs. Dalloway festgelegt zu sein. Es erinnert an die Kraft des Neuanfangs im ersten Satz des Buches.
Der Garten der Virginia Woolf
Ich sitze bei einer Tasse Tee am Kamin und lese mich durch „Der Garten von Virginia Woolf“. Wahrscheinlich ist es mehr Leonard Woolfs Garten, aber mit diesem Titel hätte niemand das Buch angesehen, nicht mal ich. Aber so habe ich es angesehen und bemerkt, welch unglaublichen Garten Leonard und Virginia Woolf hatten. Um den Bildband besser zu verstehen, habe ich nachgelesen, wie das Leben von Virginia Woolf eigentlich war. Es hat mich sehr beeindruckt, wie vielschichtig, besonders und tragisch dieses Leben war. Auch Leonard Woolf hatte ein beeindruckendes Leben, von dem ich bisher gar nichts wusste. So erfahre ich nicht nur etwas über den Garten und welche Obstbäume wo standen, sondern lerne auch noch die beiden Menschen Virginia und Leonard kennen.
Während des Schauens und Lesens springen meine Gedanken immer wieder zum Film „The Hours“, der das Haus des Bildbands zusammen mit seinen Menschen zeigt. Ein Dialog fällt mir ein:
- Warum muss einer sterben in Deinem Buch?
- Es muss einer sterben, damit wir anderen das Leben wieder mehr schätzen.
- Und wer wird sterben?
- Der Poet wird sterben, der die Visionen hat.
Am Ende ist es dann sie selbst, Virginia Woolf, die stirbt. Sie ist schwer belastet von ihren Depressionen, will vergeblich ihr Leben in London zurück, von dem sie ferngehalten wird, um sie zu „schonen“ und weiß in alldem keinen anderen Ausweg, als sich selbst zu töten.