Nach all den Jahren, die der Garten und ich uns nun schon kennen, ist es nun Zeit über die Hecke zu schreiben. Ich möchte mit Anbruch des Frühjahrs zu beginnen und die Hecke durch das Jahr zu begleiten. Nach den ersten sonnigen Tagen ist es heute deutlich kühler. Ich sitze trotzdem mit Teekanne und Notizbuch bei meiner Hecke und beobachte, was so passiert.
Mein erster Gedanke ist: „Der Winter geht endgültig seinem Ende entgegen. Das Leben kehrt zurück.“ Doch das ist Unsinn und auf meine menschliche Sicht beschränkt. Nur, weil ich als Mensch mich drei Monate lang hinter wärmende Mauern zurückgezogen habe, hat „das Leben“ keine Pause gemacht. Es hat sich nicht irgendwo versteckt und kehrt von dort jetzt zurück. Also noch einmal auf Anfang: Ich bin es, der aus dem Winterschlaf zurück ist. Die Natur war die ganze Zeit über da.
Das Grundstück ist von allen vier Seiten von hohen Hecken eingefasst. Das klingt fast, als käme jetzt die Beschreibung des Hofgutes der Adelsfamilie von Züzelich. Aber es ist einfach ein Familiengarten, der in den letzten Jahrzehnten die Gelegenheit hatte, sich zu entwickeln. Norden und Süden sind Eibe. Osten und Westen sind Hainbuche, im wesentlichen. Etwas Rotbuche hat sich dazugesellt. So wechselt an jeder Grundstücksecke die Hecke und jede Seite des Grundstücks hat ihre eigene Stimmung.
Die Eibe im Süden ist Igel-Land.
Im Sommer rascheln abends dort die Igel. Seit zwei Jahren kehren sie in unserem Futterhaus zum Abendessen ein. Aber auch vorher war das schon ihre tägliche Route. Im Moment sind die Igel noch im Winterschlaf. In den nächsten Wochen werden sie aufwachen und sich über jede zusätzliche Mahlzeit freuen.
Eine Etage über den Igeln wohnen die Haselmäuse. Sie waren deutlich schwerer zu entdecken als die Igel. Haselmäuse sind sehr scheu und ausschließlich nachtaktiv. Außerdem laufen sie nie über eine Wiese. Sie bewegen sich nur innerhalb von Hecken oder hangeln sich durch die Sträucher oberhalb der Hecke. Am liebsten nahrhafte Sträucher wie Haselnuss (daher der Name der Haselmäuse), aber auch Holunder und Weißdorn werden gerne genommen. Beides ist bei uns gut erreichbar. Zudem sind die nächsten angrenzenden Grundstücke alle über ein Netzwerk aus Hecken erreichbar.
Zwei der Eiben wachsen seit vielen Jahren über die Hecke hinaus. Eiben wachsen langsam und zählen die Zeit eher in Jahrzehnten als in Tagen. So hoch, wie diese Eiben mittlerweile sind, hatten sie lange Zeit für ihr Wachstum. Irgendwo in diesen beiden Eiben starten Fledermäuse zu ihren abendlichen Runden über der Wiese.
Der Westen aus Hainbuche ist Amselland.
Noch ist es dort recht ruhig. Später im Jahr werden dort Amseln ihre Nester bauen. Obwohl ich vom Küchenfenster aus einen Teil der Hecke im täglichen Blick habe, finde ich die Nester meist erst im Spätsommer, wenn ich die Hecke schneide. Ansonsten ist der Westen eher ein Platz für Pflanzen.
Auch dies wieder so ein Eindruck von mir als Mensch. Grün ist es an und unter allen Hecken. An der West-Hainbuche wachsen diejenigen Pflanzen, die ich benennen kann. Im Februar sind es ein paar Schneeglöckchen zwischen welkem Herbstlaub und allerlei Unkrautgrün. Im März wird der Boden bunt vor Lerchensporn und Scharbockskraut. Danach übernimmt der Giersch das Regiment für den Rest des Jahres. Vieles andere von Knoblauchsrauke bis Tränendes Herz lässt sich ebenfalls blicken. Doch selbst ein kräftiger Busch Brennnesseln wird im Sommer von Gierschblüten überwuchert.
Die Ost-Hainbuche ist ein Vogelparadies mit Nistkästen und Futterhäuschen.
Im letzten Herbst hat sich eine Horde Spatzen dort niedergelassen. Wir freuen uns über jedes Tier, das sich in unserem Garten wohlfühlt. Hm, na ja, der Waschbär, der gelegentlich auf der Wildkamera zu sehen ist, ist nicht so ganz unser Favorit. Aber die Spatzen sind auf jeden Fall gerne gesehen. Sie setzen neue Maßstäbe, was Lebendigkeit und Lautstärke angeht. Die Amseln wirken plötzlich viel leiser als in den anderen Jahren. Einige Tauben sitzen oft in der Ulme vor der Hecke. Sobald die Spatzen genug Futter aus den Futterhäuschen geworfen haben, picken die Tauben es auf.
Der genaue Blick auf die Hecke zeigt, dass die Hecke kein Randbereich ist. Sie ist keine Pflanze, die einfach nur da ist, sondern ein wichtiger Bestandteil. Im Winter erscheint die Hecke braun und leblos. Für Spatzen und Meisen ist sie trotzdem schon jetzt der häufigste Aufenthaltsort. Im Laufe des Jahres kommen viele weitere Tiere und Pflanzen hinzu. Für mich ein Grund, die Hecke genauer zu beobachten und sie möglichst gut zu unterstützen.




Hallo Jürgen,
durch Zufall bin ich im Netz auf deinen Blog gestoßen. Wir haben uns damals bei Utes Gartenseminar im Vogelsberg kennengelernt. Ganz so philosophisch wie du gärtnere ich nicht, aber der Garten ist auch für mich ein Beobachtungs- und Rückzugsort an dem ich mich erhole. Ute hat damals den Grundstein dafür gelegt, dass ich das Thema Garten neu betrachtet habe, obwohl ich mit Eltern aufgewachsen bin für die der Garten eine große Rolle gespielt hat und wir gerade im Sommer eigentlich immer Selbstversorger waren. Unser Garten der nur 20min zu Fuß von meinem Elternhaus liegt muss in einigen Punkten ganz anders gepflegt werden als der meiner Eltern. Allein diese Erfahrung , dass man in einem Garten selten etwas eins zu eins übernehmen kann hat mich dazu gebracht viel genauer zu beobachten und auch einiges an Kreativität freigesetzt und auf der anderen Seite mich auch gelehrt, dass man manches nicht erzwingen kann z.B hat ein Rittersporn bei uns im Garten keine Chance, da wir am Waldrand leben und die Schneckenpopulation einfach zu groß ist. Ich habe übrigens gute Erfahrung mit Schafwolle bei der Bekämpfung gemacht.
Was ich immer wieder faszinierend finde ist, dass wir regelmäßig von Spaziergängern auf unseren schönen Garten angesprochen werden obwohl er alles andere als Mainstream ist aber vielleicht merkt man dem Garten einfach den Einklang von Natur und Mensch an. Utes Begeisterung für Stauden und ihre ermutigenden Worte einfach etwas auszuprobieren haben jedenfalls sehr viel bei mir bewirkt.
Liebe Grüße
Christine
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Sorry. Es tut mir leid, aber ich kann mich nicht an das Treffen erinnern. Sei mir bitte nicht böse.
LG Jürgen
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Guten Morgen Linsenfutter
Ich denke, Christine meint nicht Dich als Leser des Blogs, sondern mich als Autor. Hätte sie sonst nicht auf Deinem Blog kommentiert?
Viele Grüße, Uhle
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Das wird es sein. So etwas in der Richtung hatte ich auch vermutet.
LG Jürgen
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Guten Morgen Christine, schön von Dir zu hören. Das ist ja lang her!
Den Blog habe ich zwei Jahre nach dem Seminar angefangen. Obwohl ich den Garten nun schon so lange kenne, ist doch immer wieder etwas neu. Stauden und die allgemeine Gestaltung/Anordnung der Gartenbereiche gelingen mir längst nicht so gut wie Ute. Und der Rittersporn ist bei mir auch immer nur ein kurzer Gast. Ich vermute, dass er ein Raub der Ameisen ist, die überall im Boden leben. Oder es war einfach der falsche Standort. Manchmal ist es so einfach. Da hat man das Bild eines Staudenbeetes im Kopf und die Pflanzen passen auch in Zeit und Farbe und Höhe ganz wunderbar zusammen, aber die Hälfte wächst an diesem Platz einfach nicht. Ich habe immer noch ein Staudenbeet, aber Tomaten, Gemüse und Salate interessieren mich inzwischen deutlich mehr.
Statt Utes perfekt gepflegtem Rasen habe ich eher eine Wiese, in der immer wieder neues blüht. Ich versuche gerade, gezielt einige Wildstauden in die Wiese zu setzen.
Wenn Dein Garten so positiv auffällt, ist das doch ein großes Kompliment für Dich. Wir haben einen großen Garten und auch das Haus kennen viele vom Sehen her. Aber von der Straße aus wirkt es offensichtlich unscheinbar. Die Besucher sind oft überrascht, was sich dort verbirgt.
Viele Grüße, Jürgen
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