Endlich blühen die Duftveilchen und in den nächsten Tagen soll es tatsächlich keinen Nachtfrost mehr geben. Beim Gartenrundgang entdecke weitere Neuankömmlinge des Frühlings. Die ersten flauschigen Spitzen der Küchenschellen sind zu sehen und gleich daneben treibt ganz frech der Giersch die seine Blätter.
Ich fange an, gezielt nach weiteren essbaren Wildkräutern zu suchen. Längst vor dem Giersch gibt es schon überraschend große Blätter am Sauerampfer.
Auch das Scharbockskraut ist endlich zu sehen. Wo das Scharbockskraut ist, ist der Gundermann nicht weit. Zumindest im Frühjahr sind beide gleichermaßen zeitig. Im direkten Vergleich ist es einfach beide zu unterschieden. Das eine glänzend hellgrün mit gelegentlichen Flecken: Scharbockskraut. Das andere viel dunkler, im Vergleich kräftigere Kerben am Rand der Blätter und im Geschmack eher muffig-erdig-minzig: Gundermann.
Die Vogelmiere ist sowieso eine Ganzjahrespflanze. Doch selbst sie hat sich nach den Novemberfrösten schwergetan. Nun bildet sie neue, bereits blühende Polster.

Die Brennessel ist noch ganz niedrig. Ist sie auch so harmlos, wie sie scheint? Ich glaube es ihr vorsichtshalber nicht und ziehe Handschuhe an. Aber für einen grünen Frühlingstrunk ist sie eine gute Ergänzung. Als letzte Station meines Kräuterspaziergangs im eigenen Garten entdecke ich ein Büschel Schafgarbe. Schafgarbe verwende ich bisher gar nicht für den Salat. Mit kraftvollen Heilpflanzen ist nicht zu spaßen. Ich mische ja auch keine ASS-Tabletten unter die bunten Schokolinsen, weil mir die Farbe weiß gefehlt hat. Mir fallen zur Schafgarbe die Stichworte „blutstillend“ und „Krämpfe“ ein. Genaueres lese ich nach, bevor ich die Pflanze verwende. Obwohl der Garten noch immer braun und leblos aussieht, kommt doch vieles zusammen, das schon gedeiht und sogar die Salatschüssel ließe sich füllen.
Mittlerweile ist es dunkel. Ich sitze mit einem Glas Wein am Schreibtisch und übertrage die gesammelten Pflanzen in Worte. Hey, es sind sogar 8! Postelein habe ich auch gesammelt, als ich durch den Garten lief. Aber während ich so vor mich hin träumte, habe ich ihn aufgegessen, anstatt ein Foto zu machen. Immer mehr Pflanzen versammeln sich rund um meinen Schreibtisch und wollen auch mit in den Text. „Muss ich erst brennen, damit ich auch erwähnt werde?“, fragt die Taubnessel. Die Zitronenmelisse ist allerdings eher eine Vordränglerin. Sie ist noch gar nicht da, will aber trotzdem schon mitreden. Aber beim Waldmeister bin ich mir nicht sicher. Im echten Wald habe ich ihn schon gesehen. Wahrscheinlich ist er auch im Garten schon angekommen. Gleich morgen früh werde ich mit frischen Augen erneut durch den Garten streifen und die restlichen Frühlingspflanzen begrüßen.