Großstadtgarten (1): Der Burggarten in Wien

Ich bin beruflich in Wien und am Anreisetag ist sogar noch Zeit um einfach mal durch die Stadt zu schlendern. Ich fahre also mit der U-Bahn bis zum Stephansplatz und bin gleichermaßen beeindruckt vom Stephansdom und von der Anzahl der Touristen. Ich mache ein paar Photos vom Dom, auch wenn mir klar ist, dass ich als Laie kaum eine Möglichkeit auf richtig gute Fotos habe. Es sind meine persönlichen Erinnerungen an einen blitzeblauen Sommertag in Wien. Trotz der Sommerhitze von 30 Grad, genieße ich es hier zu sein und trödele mit der endlosen Schar der anderen Touristen durch die Gassen. Vom Hotel Sacher aus suche ich auf dem Stadtplan den Rückweg zum Hotel. Ich muss ein ganzes Stück bis zur nächsten Station der U-Bahn laufen, aber Hey, ich bin in einer tollen Stadt, es ist Sommer und ich kann zumindest ein winziges Stückchen dieser Stadt entdecken. Auf meinem Weg komme ich auch an einem Eingangstor zu einem Park vorbei und will eigentlich nur einen Bogen durch den Park laufen und auf der gegenüberliegenden Seite wieder der Straße folgen.

Als ich den Park betrete, wird es sofort kühler und merklich leiser. Unglaublich was das ausmacht! Mir war vorher gar nicht bewusst gewesen, wie laut die Straße war, an der ich entlang lief. Nun verschlucken die Hecken und Backsteinmauern des Parks einen Großteil des Verkehrslärms. Zudem verwandelt sich die Hitze der Stadt auf wenigen Metern zu einer angenehm kühlen Brise. Unglaublich und beeindruckend! Ich werde sofort Baumretter und Urban Gardener in einer beliebigen Großstadt! Sicher gibt es irgendwo in Wien, wie in allen größeren Städten, auch eine Kleingartenanlage, in der nach dem Büroalltag gesät, gejätet und gelebt wird. Doch für mich sind die Gärten einer Großstadt immer ihre Parks. Eine Art gemeinsamer Garten für alle und es wird – von den Besuchern! – in der Regel nicht gesät und gejätet, aber dafür bleibt dann mehr Zeit für das Leben.

Mit der Ruhe und der erfrischend kühlen Brise wird mein forscher Asphalt-Wanderschritt automatisch langsamer und ich halte inne um einen ersten wirklichen Blick auf den Park zu werfen, in dem ich zufällig gelandet bin. Etwa 10 bis 15 Meter entfernt von mir findet sich eines der zahllosen, irgendwie zusammengestoppelten Rondelle, die nur dafür da sind, dass irgendeine Kaiser-König-Landgrafen-Statue von Grün umrandet ist. Als ich mich trotz der abschreckenden Koniferen näher herantraue, bin ich bei jedem Blick begeisterter. Als erstes fällt eine Königskerze ins Auge, die sogar die Kiefern überragt. Allein das ist schon ein wirklich gewagtes Miteinander. Aber vielleicht braucht die Königskerze solch ein dumpfes Gegenüber, um nicht völlig abzuheben. Einmal durch diesen wuchtigen Gegensatz neugierig gemacht, schaue ich mir das Rondell näher an. Was anfangs wie ein Sammelsuriumaus „irgendwie grün“ erschien, wird je näher ich schaue umso vielfältiger. Da finden sich Akeleien, Mädchenaugen, Taglilien und selbst Pyrenäen-Storchenschnabel und Garten-Salbei sind dabei. Ich beginne die Bepflanzung genauer zu untersuchen und entdecke auch noch allerlei Steingartengewächse, deren Namen ich nicht einmal kenne, sowie Heide und Feder-Nelke. Die Zusammenstellung ist wirklich beeindruckend und ich frage mich, wer solch ein Kenner ist, sich ein gleichermaßen mutiges wie innovatives und dabei sogar funktionierendes Arrangement auszudenken.

Nachdem ich mich an sämtlichen Pflanzen satt gesehen habe, schaue ich dann auch mal nach, wessen Standbild hier eigentlich begrünt wurde. Es ist Kaiser Franz Josef I. Das passt ja, da der Park ursprünglich der Privatgarten des Kaisers war. Nach verschiedenen Veränderungen an Fläche und angrenzender Bebauung ist der Park seit 1919 als Burggarten öffentlich zugänglich.

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