Der Anfang ist recht schwarz/weiß-malend. Die Erzählerin erläutert ausführlich ihr Verständnis von „Drinnen“ und „Draußen“. Drinnen, das sind die im Neubau-Viertel mit ihren auf 30-Jahre verschuldeten Reihenhäusern und Kindern auf dem Gymnasium. Draußen, das sind die mit mehr als 3 Kindern, die ihr altes Auto selbst reparieren und Ton-Steine-Scherben hören. Das ist teilweise recht holzschnittartig und diese Einleitung nimmt fast die Hälfte des schmalen Bandes ein, den man gut im Laufe eines Tages durchlesen kann.
Es ist leider zu kurz gegriffen, zu beschreiben, dass „die kleinen Leute“ – allesamt ohne Aussicht auf einen guten und verlässlichen Arbeitsplatz – aufrechte Sozialisten sind, deren Hände nach Holz und Öl und Ehrlichkeit duften, während „die da oben“ nicht einmal in der Lage sind sich selbst eine Kiste Bier aus dem Keller zu holen.
Nach etwa der Hälfte des Buches fängt die Geschichte dann noch einmal neu an. Es wird aufs Land gezogen, natürlich. Das romantische Haus, ist selbstverständlich halb verfallen und grenzt an die Streuobst Wiese eines anfangs mürrischen, aber dann wieder Lebensmut fassenden Bauern an. Die eben noch bedauernswerte Erzählerin mit ihrem Lebensgefährten, der sein ganzes Leben lang „draußen“ war, hat plötzlich eine gutgehende Praxis als Logopädin. War nicht eben noch seitenlang die Rede davon, dass die von Draußen keine Chance auf Bildung und Arbeitsplätze haben? Der Bauer macht eine ebenso gutgehende Pferdepension auf und irgendwie ist gar nicht mehr so viel die Rede von drinnen und draußen. Mal abgesehen davon, dass die mit den Aktien-Fonds und den 6-Zylinder Geländewagen immer noch die Bösen sind.
Puh, Frau Vanderbeke lässt ihre Erzählerin einen wirklich weiten Bogen schlagen und mittendrin war ich nahe daran, die Lust zu verlieren. Am Ende bekommt sie dann den Bogen doch noch, gerade so eben. Die Geschichte wandelt auf einem schmalen Grat zwischen Sozialkritik à la Rosamunde Pilcher und der ernstgemeinten Idee von Tauschringen, Selbstversorgung und sinnerfülltem Leben.
Mich hat die liebeswerte Art des weitsichtigen Helden Adam Czupek weiterlesen lassen. Da fallen dann so Sätze wie: „Wenn der Sinn erst einmal weg ist, kannst Du den Verstand gleich hinterherschmeißen“ und immer wieder Ton Steine Scherben „Was’n Wetter, was’ne Zeit. Es ist finster weit und breit.“
Wem es um die Autorin Birgit Vanderbeke geht, dem sei „Alberta empfängt einen Liebhaber“ empfohlen.