Aus den letzten Jahren habe ich gelernt, die Tomaten im Auge zu behalten. Tomaten sind hinterlistig. Immer dann, wenn sie kräftig und grün und vital sind, ist höchste Vorsicht geboten. Vital klingt nach lebendiger Lebensfreude. Aus Sicht der Tomaten bedeutet vital vor allem, dass sie hinterrücks einen der zehn Seitentriebe bevorzugen, während sie mit den anderen neun den Gärtner einlullen und in Sicherheit wiegen. „Ich schaue ja immer mal nach den Tomaten“ sagt der Gärtner dann. Oder auch „Ich breche die Seitentriebe bei Bedarf aus“. Solcherlei Nachlässigkeit nutzen die Tomaten gnadenlos aus.
Plötzlich, aus dem Nichts ist da ein Seitenast mit fast reifen Früchten. Wo kam dieser Trieb bloß her? Gestern habe ich doch alle Pflanzen kontrolliert. Wäre doch Schade, den jetzt abzubrechen. Vielleicht lässt er sich ja an die Spiralstange der Nachbarpflanze anbinden. Die ist eh etwas gakelig. Und schon hat die Tomate den Gärtner überlistet. Sie wird nach Herzenslust weiter wuchern. Mittlerweile schaue ich systematisch alle zwei bis drei Tage nach allen Pflanzen. Gibt es neue Seitentriebe? Wie trocken ist die Erde? Braucht die Pflanze Dünger?
Beim Ausgeizen ( = Abbrechen der Seitentriebe) und Anbinden bin ich inzwischen sehr konsequent. Auch wenn es schmerzt, möglicherweise auf zusätzliche Ernte zu verzichten. Doch wirre und verwucherte Pflanzen bringen nicht mehr Ernte, sondern eher weniger.
Beim Gießen glaube ich nur noch der Erde im Tomatenkübel und dem Unkraut, das dort wächst. Sehr oft lese ich, nicht zu viel zu gießen, damit die Pflanzen tiefere und kräftigere Wurzeln bekommen. Auch Mulchen wird empfohlen, um die Verdunstung zu reduzieren.
Ich vertraute in den letzten Jahren auch auf eine dicke Mulchschicht. Die Idee ist, aber als das Unkraut verdorrte, wurde mir klar, dass ich zu wenig gegossen hatte. Die Tomatenpflanzen brauchen das Wasser nicht nur als Wasser, sondern auch als Transportmittel. Das Wasser transportiert Dünger und andere Nährstoffe vom Boden in die Pflanze. Wenn es zu trocken ist, dann nutzt auch die beste Komposterde nichts.
Nach dem Ende der Tomatensaison bin ich regelmäßig überrascht davon, wie klein der Wurzelballen der Tomaten ist. Auch wenn ich wenig gegossen habe, um die Wurzelausläufer in die Tiefe zu locken. Tomaten reichen offensichtlich 20 bis 30 Liter Erde pro Pflanze aus. Ich verwende daher weniger Erde als sonst und gieße häufiger.
Mein Tomatenfazit:
Ausreichend gießen und spätestens alle drei Tage gründlich inspizieren. Alle überzähligen Seitentriebe ausbrechen und die anderen verlässlich anbinden. Bisher bin ich mit der aktuellen Strategie sehr zufrieden. Die Pflanzen entwickeln sich gut und tragen reichlich noch grüne Früchte.