„Mein Gartenfrühling beginnt mit Imbolc!“
Das klingt wirklich beeindruckend und nach jahrhundertealtem Wissen. Meine unerfahrene Gärtnerseele schreckte lange zusammen und wurde ganz kleinlaut, wenn mein Gegenüber mit solch geballtem Wissen aufgewartete. Inzwischen weiß ich, dass solch ein Satz völliger Unsinn ist. Es funktioniert einfach nicht. Ich notiere nun schon seit 5 Frühlingen, welche Arbeiten ich wann erledige und hoffe jedes Jahr, dass ich aus den Notizen im nächsten Jahr etwas lernen kann. Und trotzdem fängt jeder Frühling auf seine eigene Weise an.
Wenn also solche Superweisheiten à la „Mein Frühling beginnt mit Imbolc“ ( = Beginn des Keltischen Frühjahrs am 2. Februar / Maria Lichtmess) nicht funktionieren, weshalb dann trotzdem ein weiterer Text über den Frühling? Ich möchte an dieser Stelle einfach aufschreiben, was für mich den Frühling ausmacht. Vieles davon hängt davon ab, dass mein Garten in einer hügeligen Landschaft ist. Ein bisschen mittelgebirgig, aber weder sturmzerzaust an der Küste, noch hochoben auf der Alm. Ich habe in letzten Jahren erlebt, wie sehr der Eindruck von Frühling genau von diesen Randbedingungen abhängt. Frühling in der Stadt ist ganz anders als auf dem Land und wenn ich das Kapitel zusammenfassen soll, dann mit den beiden Sätzen „Beobachte und finde heraus, was Deinen Frühling ausmacht! Habe den Mut, Deine eigene Beschreibung für den Frühling zu finden.“
Ich muss den Frühling riechen und fühlen. Die Luft riecht plötzlich anders. Ich kann es schwer beschreiben, ein laues Lüftchen. Vielleicht ist es auch schon das zweite oder dritte. Von irgendwoher zwitschern Vögel und man kann in den ersten Sonnenstrahlen für kurze Zeit wieder auf der Gartenbank sitzen. Sobald die Sonne hinter den Nachbarhäusern verschwindet, wird es schnell kalt und erste Frühlingshauch ist wieder vorbei. Aber er war da! Auf dem Weg zurück ins Haus fällt mir dann vielleicht noch eine Schlüsselblume oder gar eine Scilla auf, die gestern noch nicht da war. So fängt für mich der Frühling an. Auch wenn der Winter nun immer mal wieder eine Nachhut schickt, seine Tage sind gezählt und ich fange an, mich ernsthaft mit dem Frühling zu beschäftigen.


Der Aussaatplan
Ich notiere seit mehreren Jahren Gedanken zum Frühling – aber immer wenn ich im folgenden Jahr danach arbeiten will, passt nichts davon. Im Herbst ist es nicht so entscheidend, ob ich die Äpfel eine Woche früher oder später ernte, aber im Frühling geht es darum, den richtigen Moment für den Anfang nicht zu verpassen – oder zumindest nicht allzusehr. Ganz vieles passiert dann plötzlich auf einmal und kaum sind die wesentlichsten Dinge erledigt, ist es schon Frühsommer und die Notizen sind wieder einmal nur notdürftig hingekritzlelt.
Am Jahresanfang weiß ich genau, was ich wann säen will. Ich sortiere das Saatgut und bilde auf dem Schreibtisch Gruppen für Blumen, Gemüse und Salat. Wenn ich dann mit dem Planen fertig bin, nehme ich die ersten Sorten und fange an auszusäen. Alles andere Saatgut kommt wieder in die Kiste – und zumindest der Zeitplan gerät in Vergessenheit.
Mittlerweile sortiere ich nicht nur das Saatgut, um fehlende Sorten nachzubestellen, und erstelle den Aussaatplan für das ganze Jahr, sondern ich habe mir eine Kiste mit Fächern zugelegt, in der ich das Saatgut nach Monaten anordne. Ein rascher Blick in die Kiste reicht jetzt aus, um zu wissen, was gerade für die Aussaat fällig ist. Zusätzlich habe ich inzwischen mehrere Jahresplanungen aus Gartenzeitschriften, damit ich immer wieder einmal auf neue Ideen komme.


Wilder Salat
Ob jetzt endlich Frühling ist oder nicht, hängt ja nicht nur von den Temperaturen und den Frühblühern ab. Der dritte im Bunde der „Frühlingsankünder“ ist der wilde Salat. Noch muss ich einmal durch den ganzen Garten pflücken, um eine Schüssel voll zu bekommen, aber das wird sich jetzt schnell ändern. Gerade weil es zurzeit so leer auf den Beeten ist, ist es spannend durch den Garten zu gehen, und nach neuen Blättern und Blüten Ausschau zu halten. Noch kann ich jede Blüte, jeden Wildsalat einzeln begrüßen.
Scharbockskraut gehört zu den Hahnenfußgewächsen, die allesamt giftig sind, enthält aber viel Vitamin C. Scharbockskraut wandert nur vor der Blüte in den Salat, also jetzt.
Vogelmiere ist zu mühsam zu ernten. Also entweder man ist nicht so sonderlich wählerisch und ruft das ganze Büschel aus der Erde oder man braucht viel Zeit, um die Blättlein zu zupfen.
Sauerampfer ist ähnlich früh wie das Scharbockskraut. Noch ist er so klein, dass sogar das vor Jahren gekaufte Pflanzschild zu sehen ist.
Giersch, hm nun ja. Ich mag ihn ja als Salat durchaus. Leider habe ich ein Jahr lang den Fehler gemacht, ihn rund um das Hochbeet zu dulden und nicht sofort auszureißen oder abzumähen. Nun hat er dort sein Basislager errichtet und ich habe in den angrenzenden Gemüsebeeten die doppelte Arbeit.
Den Portulak habe ich irgendwann einmal ausgesät – und dann vergessen. Er gehört zu den Pflanzen, bei denen ich mir nicht merken kann, wann ich sie am besten aussäe, ob ganz früh im Jahr oder doch schon im Herbst damit er den Winter über wachsen kann. Jetzt ist er zum Glück da, und ich übe weiter.
Pimpinelle hat mich überrascht. Sie ist winterhart und hat sehr früh neue Triebe. Ja, gewiss, die Blätter sind zu klein, als dass man von Salat sprechen kann. Aber sie bringt nach dem Winter einen frischen Geschmack in die Schüssel.


Der Start ins Tomatenjahr
Die Aussaat der Tomaten ist für mich jedes Jahr ein besonderer Moment. Inzwischen ist zwar so etwas wie Routine hinzugekommen, aber das dämpft die Vorfreude auf das neue Gartenjahr nicht. Zusammen mit den Tomaten säe ich noch eine Reihe weiterer Pflanzen aus. Doch nur bei den Tomaten unterscheide ich akribisch zwischen verschiedensten Sorten. Das macht ein Teil der Faszination der Tomaten aus, dass es in jedem Jahr wieder eine neue Frage ist, welche Sorten ich neu kennenlerne, um sie für das nächste Jahr einzuplanen. Damit stehen die Tomaten symbolisch für den Start des Fensterbank-Gartens, der sich in den nächsten Wochen entwickeln wird, um dann Stück für Stück nach draußen zu wandern.
In den letzten Jahren habe ich durch die Selbstaussaat erlebt, wie zäh Tomatenpflanzen sind. Im Sommer abgefallene Tomaten zerfallen über den Winter und aus den Kernen keimen ohne meine Unterstützung neue Pflanzen. Daher beginne ich damit, den Tomaten etwas mehr „Wind und Wetter“ zuzumuten. Ich säe die Tomaten 14 Tage früher aus und stelle die Pflanzen bereits ab April auf den Balkon. Bei drohendem Frost hole ich die Mehrzahl der Pflanzen nach drinnen. Mindestens eine lasse ich auch bei leichtem Frost draußen. Ich möchte damit weitere Erfahrungen sammeln, welche Temperaturen Tomaten noch vertragen und was nicht.


Märzwinter
Wahlweise auch Januarsonne, Aprilschnee oder Februarblüten. Mehrfachnennungen möglich.
Zum dritten Mal verspricht die Wettervorhersage, dass es am nächsten Wochenende über 10 Grad warm wird und der Frost vorbei ist. Doch kaum beginnt die neue Woche, relativiert sich diese Aussicht von Tag zu Tag so ein wenig und wenn das Wochenende dann tatsächlich da ist, nehme ich doch wieder die Winterjacke von Haken, wenn ich morgens mit dem Hund zum Brötchenholen losgehe. Heute war es bis zum Nachmittag tatsächlich richtig sonnig, aber kaum war dann die Zeit für den Besuch im Straßencafé gekommen, zogen Wolken auf und ein kalter Wind pfiff mir um die Nase.
Nachdem ich nun Jahr für Jahr notiere, welche Blumen wann blühen (besonders bei den Frühblühern!) und welche Gartenarbeiten ich wann erledige, stelle ich immer mehr fest, dass diese Verwirrung aus mildem Winter, spätem Frost und gelegentlichen Sonnentagen genau das ist, was den Frühling ausmacht. Die Erfahrung des Gärtners ist es, sich durch diese vielseitigen Eindrücke hindurchzufinden und für den eigenen Garten zu entscheiden, was denn der richtige Zeitpunkt und die richtige Arbeit ist.
Ich bin mittlerweile geneigt, hinter jeder Wolke gleich den Klimawandel zu vermuten und hinter einigen steckt er wohl auch. Doch, wenn früher immer das gleiche Wetter gewesen wäre, jeder Februar frostig, jeder März in Duftveilchen getaucht, dann hätte sich niemand die Mühe gemacht die Zusammenhänge zwischen Pflanzenwachstum und Wetterlagen als Bauernregeln festzuhalten.
Bei aller Verwirrung um das Wetter und Rückschlägen mit plötzlichem Frost, ist der Frühling doch auch immer Aufbruch und Neubeginn. Irgendwann reicht es mir dann einfach mit der Kälte und ich lasse mich dann nicht mehr von neuerlichen Schneeschauern schrecken. Ja, in manchen Jahren werden noch einmal einige Pflanzen erfrieren, in anderen gibt es im April die ersten Garten-Picknicks, aber auf jeden Fall gibt es bald den ersten frischen Salat und mit jeder Aussaat rückt das Werden wieder in den Blick, der nun einige Monate von Vergehen, Kälte und Dunkelheit gebannt war.


Die ersten richtigen Gartentage!
Ganz egal, ob es erst der 5. April oder gar schon der 17. März ist, irgendwann beginnen die richtigen Gartentage des neuen Frühlings! In manchen Jahren ist am Morgen auf der nahegelegenen Autobahn A7 Kassel – Würzburg noch Schneechaos und nur wenige Stunden später locken mich der strahlende Sonnenschein und 15 °C in den Garten. Quasi ein Aprilscherz des Wettergottes.
Ich will nur gerade eben mal schauen, ob ich vielleicht die Buchensetzlinge, die vorgestern per Post kamen, einpflanzen kann. Doch kaum bin ich im Garten, gibt es bei jedem Schritt eine neue Aufgabe, die zu tun ist. OK, jetzt fängt also das wieder an: Ich muss mir gar keinen Plan mehr machen, sondern gehe einfach nach draußen und erledige die Dinge, die mir über den Weg laufen. Heute schneide ich den lieb und knorrig gewordenen Salbei zurück, steche die Hälfte des zu groß gewordenen Pfefferminz-Busches aus und entferne dessen, trotz massiver Wurzelsperre, wuchernden Seitentriebe.
Während ich meinen begeisterten Bericht über den Sonnenschein und die aufbrechende Gartenlust schreibe, ist die Sonne hinter den Dächern verschwunden und es wird merklich kühler. Noch werden die sonnigen Nachmittage im Garten zwar die Ausnahme bleiben, aber der Bann ist gebrochen!


Oh, Mauersegler sind auch schick!
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Frühling ist … wenn man morgens vom „Krach“ der Vögel geweckt wird. Wenn Frau Specht ans Futterhaus kommt, wo sie sich den ganzen Winter nicht hat blicken lassen. Wenn nach dem Wälzen der Pferde Fellflecken auf dem Boden liegen bleiben. Wenn ich mir einen Wecker stellen muss, um das Öffnen und Schließen des Frühbeets nicht zu vergessen. Wenn ich endlich wieder erdverschmierte Finger habe und nicht nur Stalldreck unter den Nägeln… Wenn die Bachstelzen und Goldammern plötzlich wieder über den Pferdeauslauf gehen. Und nicht zuletzt, wenn die Schwalben wieder da sind. Wobei die bei uns immer später dran sind als anderswo. Warum auch immer.
Gruß
Llewella
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JA! Das klingt nach Frühling!
Bei den Vögeln möchte ich mich noch besser auskennen. Ich bin mir sicher, dass außer Amseln und Spatzen noch einige andere zum „Frühlingskrach“ beitragen. Statt Schwalben haben wir Mauersegler. Sie kommen verlässlich zwischen dem 5. und dem 10. Mai hier an.
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